ein Cosplay in 3 Tagen

Ursprünglich hatte ich gar nicht geplant, ein Cosplay für Anya zu nähen, denn obwohl sie super süß ist und ich den Anime Spy x Family liebe, hatte ich nicht das Gefühl, ein Kind cosplayen zu wollen. Je länger ich jedoch auf ein Plakat der Serie starrte, um mich auf mein Yor Cosplay vorzubereiten, desto mehr fiel mir auf, dass ich das schlichte, schwarze Kleid des Mädchens ziemlich hübsch fand. Und wenn ich sowieso schon eine Perücke und schwarzen Stoff für Yor bestellte… Könnte ich doch ein schnelles Cosplay zwischendurch nähen! Eines, das ich vielleicht auch im Alltag tragen könnte, denn das Kleid wäre auch ohne den Cosplay Kontext niedlich.

Schnell wurde mir klar, dass ich Anyas Kleid aus einem Halb-Tellerrock nähen wollte, den ich mit einem Taillenumfang bemessen hatte, der etwa 20cm weiter war als mein eigener. Der überschüssige Stoff würde in Kellerfalten gelegt werden und hätte damit zu etwas mehr Volumen beigetragen als das ein normaler Halbkreis-Rock hätte. Für den Part des Oberteils wollte ich nach kurzem Nachdenken mithilfe meines letzten Dirndl-Schnittmusters nähen, zumindest mit ein paar kleinen Anpassungen. Also berechnete ich schnell, wie viel Stoff ich in etwa brauchen würde, bestellte ihn und wartete.

  • schwarzer Baumwollsatin (1m wäre vermutlich zu knapp, lieber 1,5m)
  • weiße Spitze (bei meinen Maßen etwa 2,5m)
  • 1 langer, nahtverdeckter Reißverschluss, schwarz
  • weiße Bluse
  • rotes Band für Schleife

der Rock

Die Stofflieferung kam zwar viel später als geplant an, doch ich war super glücklich mit dem schwarzen Baumwoll-Satin, den ich für sie geplant hatte. Dieser war in einer Richtung ein wenig dehnbar und das wollte ich mir zunutze machen, um das Kleid mit einem Reißverschluss schließen zu können, ohne dass es zu locker war oder spannte. Nachdem mein Stoff an den Kanten schnell versäubert, gewaschen und gebügelt wurde, konnte ich also anfangen, die Schnittteile auszuschneiden. Dabei begann ich mit dem Rock (sowohl für Anya als auch für Yor), da dieser ohne Nähte bleiben sollte, berechnete mir einen Radius für meinen neuen Taillen-Wert von 100cm, der sich auf etwa 30cm belief. Die Länge des Rockes machte ich davon abhängig, wie viel mein Stoff mir erlaubte, und da ich ein wenig sehr knapp bestellt hatte, blieb mir nur eine Rocklänge von etwa 45cm. Mit diesen zwei Maßen zeichnete ich also meinen Halbkreisrock an, einmal mit dem Taillenradius 30cm und einmal mit dem Radius 75cm (30+45).

Kaum war der Rock ausgeschnitten, wollte ich meine geplanten 4 Kellerfalten stecken. Dazu unterteilte ich den Rock mithilfe von Stecknadeln an der Taille in 4 gleiche Teile, die ich noch einmal halbierte. Diese letzten Achtel-Markierungen waren der Mittelpunkt für die Falten, alle anderen Nadeln entfernte ich wieder. An jeder Nadel faltete ich den Rock nun rechts auf rechts zusammen und setzte eine zweite Nadel, die etwa 2,5cm von der ersten entfernt platziert war (20cm zusätzlicher Taillenumfang für 4 Kellerfalten, 20/4=5 –> da der Stoff doppelt liegt, etwa 2,5cm). Weil der Stoff an der Rundung dazu neigt, eher zu groß zu sein als zu klein, steckte ich die 2,5cm etwas großzügiger. Kaum hatte ich das mit allen 4 Falten wiederholt, hielt ich mir das ganze probeweise an, justierte, bis ich zufrieden war, und nähte dann die Falten ab. Das tat ich, indem ich an der Markierung etwa 8cm im Rechten Winkel zur Taille abnähte und verriegelte, wobei ich ganz besonders darauf achtete, dass die beiden Lagen Stoff exakt übereinander lagen. Nun, da die Falten genäht waren, nutzte ich die verbliebenen Markierungsnadeln für die Mitte der Falte, um den abgenähten Stoff an genau dieser Mitte auf die eben entstandene Naht zu legen, flach zu drücken und festzustecken.

Als nächstes widmete ich mich dem Saum des Rockes, den ich mit weißer Spitze versehen wollte. Die, die ich auf Vorrat hatte, war jedoch viel zu breit, also entschloss ich mich, sie längs in der Mitte zu halbieren. Da ich nun zwei Stücke Spitzenband hatte, entschied ich mich, die Nähte einfach an den beiden Seiten des Rockes zu platzieren anstatt hinten und vorne oder es noch einmal zerschneiden zu müssen für die Aufteilung der Nähte an beiden Seiten und zusätzlich noch hinten. Dazu nähte ich die ersten paar Zentimeter meiner Rock-Naht schon zusammen, steckte die Spitze einmal rings um den Rock herum und ermittelte damit, die exakte benötigte Länge. Mit dieser Information schloss ich auch mein Spitzenband zu einem Ring, steckte die letzten Zentimeter fest und nähte das ganze knappkantig mit meiner Nähmaschine rechts auf rechts fest. Im Anschluss versäuberte ich die Kante ringsum mit der Overlock, bevor ich die Nahtzugabe auf die Seite des schwarzen Satins steckte und von rechts mit etwa 5mm Abstand zur Naht absteppte. Das half zusätzlich bei der Illusion, es handelte sich dabei um einen Petticoat.

das Oberteil

Um genauer zu ermittelt, was ich an dem Schnittmuster beibehalten und was verändern wollte, probierte ich mein Dirndl noch einmal an und notierte alle Kritikpunkte. Ich wollte die Öffnung anstatt in der vorderen Mitte hinten mittig haben, außerdem war mir das Armloch ganz besonders vorne zu eng, der Ausschnitt für Anya zu tief und die Träger zu dirndelig weit auseinander und trapezartig verlaufend. Die Schnittmuster von meinem Sonnenblumendirndl pauste ich erst noch einmal auf neuem Schnittmusterpapier ab, bevor ich meine Änderungen anzeichnete. Rückwirkend hätte ich gerne noch die insgesamte Länge des Oberteils angepasst, da es mir am Ende nicht mal bis zur Taille reichte, aber das hatte ich mir leider nicht auf dem ursprünglichen Schnittmuster markiert.

Nachdem die Änderungen vollzogen waren, konnte ich das ganze aus dem Rest des schwarzen Satins ausschneiden. Dabei achtete ich besonders penibel darauf, die Orientierung auf dem Stoff richtig zu haben, sodass die Dehnung rings herum um meinen Körper verlief, alle senkrechten Nähte aber stabil und ohne Bias (schräg geschnittenen Kanten) waren. Dann konnte ich auch schon alle Schnittteile mit der vorgesehenen Nahtzugabe und einem einfachen Geradstich zusammennähen. Die zwei Abnäher machte ich etwas runder als in meinem Schnittmuster gezeigt und ließ sie dünn auslaufen. Dann konnte ich das ganze auch schon anprobieren.

Es folgten einige Verbesserungen, wie zum Beispiel an den Trägern, die ich tatsächlich noch kürzen musste. Alle Änderungen übertrug ich sofort auf das Schnittmuster, falls ich damit in der Zukunft wieder ein Kleid nähen möchte. Hier bemerkte ich auch das Problem, dass das Oberteil meiner Schneiderpuppe völlig anders passte als mir selbst. Früher war mir das nie so aufgefallen, aber im Nachhinein musste ich auch feststellen, dass viele meiner Kleider am Ende zu short-waisted für mich ausfielen, obwohl sie an der Schneiderpuppe perfekt saßen. So endete leider auch dieses Oberteil einige Zentimeter vor meiner eigentlichen Taille…

das Kleid fertigstellen

Dem konnte Abhilfe verschaffen werden, indem ich einfach spontan ein Waistband zwischen Rock und Oberteil hinzufügte. Ein simples Rechteck mit meiner Taillenlänge (+ Nahtzugabe) und der Breite von 6 cm, ebenfalls so ausgeschnitten, dass der Länge nach der Stoff dehnbar ist. Kaum saßen alle Nähte gut genug, versäuberte ich diese mit meiner Overlock und kombinierte dann Oberteil, Rock und Waistband. Dann wurden auch diese Nähte versäubert und auf das Waistband abgesteppt.

Es fehlte noch ein nahtverdeckter Reißverschluss, den ich mit dem entsprechenden Füßchen an der noch offenen Rückennaht anbrachte. Die übrige noch offene Naht verschloss ich so, dass alles insgesamt wie eine uniforme Naht aussah, anstatt drei zerstückelte Einzelnähte und ein Reißverschluss. Um möglichst auch am dickeren Stoff beim Waistband keine Probleme zu haben, steppte ich hier die Nahtzugabe im Nahtschatten der bereits vorhandenen Nähte ab, um so wulstige Stellen etwas abzuflachen.

Darauf folgte die Versäuberung von Ausschnitt und Armlöchern, die in allen drei Fällen mit einem Facing (Beleg / Belag auf Deutsch) gelöst wurden. Dazu zeichnete ich mir an meinen übrigen Stoffresten den Ausschnitt an (für die Armlöcher habe ich hier die zwei hinteren Schnittteile zu einem kombiniert, um mir allzu viele Nähte zu ersparen) und schnitt diese mit etwa 4-5 cm Abstand zur angezeichneten Linie aus. Somit passten sie perfekt in das Schnittmuster und auf die Rundungen, ohne dass ich gleich das gesamte Oberteil füttern musste. Hier habe ich auch nicht mehr so wirklich auf den Fadenlauf geachtet, dafür reichte der Stoff nicht mehr, aber die Hauptsache war, dass ich keine bis dahin dehnbare Stelle versteifte.

Die Belege wurden je für sich aneinander gelegt, mit der Overlock an den Nähten und der längeren Kante versäubert und schließlich rechts auf rechts an das Kleid genäht. Die Nahtzugabe schnitt ich mit einer Zickzack Schere zurück und besonders in Rundungen und der scharfen Kante am Ausschnitt wurde sie bis kurz vor der Naht eingeschnitten. Dann klappte ich die Belege nach innen, fixierte sie mit ein paar Stecknadeln und steppte sie von rechts mit einem Geradstich ab, damit sie an Ort und Stelle blieben. Natürlich resultierte das in einem sehr sichtbaren Stich auf dem Kleid, aber ich befand, es passte zur Aesthetic des Kleidungsstückes.

von Kleid zu Cosplay

Um nun aus dem süßen schwarzen Kleid auch ein erkennbares Cosplay zu machen, brauchte es noch eine weiße Bluse, eine rote Schleife, die passende Perücke, Schuhe und womöglich Socken, vom Make Up mal ganz abgesehen. Anstatt eine Bluse zu nähen wählte ich ein altes Second Hand Hemd, welches ich noch von meinem Joker Cosplay besaß. Die rote Schleife fertigte ich aus einem Reststück rotem Futterstoff an, der sich auch ganz hervorragend glatt bügeln ließ, bei der Art des Bindens war ich mir jedoch noch nicht sicher und entschied mich letztlich für die gute, alte Stecknadel-Methode.

Die Perücke hatte ich zeitgleich mit der für Yor Forger bestellt, allerdings hatte ich sie erst einmal kurz aufgesetzt und weiß noch nicht, wie viel Änderung sie bedarf. Zudem bin ich noch am Überlegen, ob ich nicht für ein besseres Wiedererkennen von Anya zwei kleine Hörner (oder was auch immer das darstellen soll) nähe, auch wenn sie diese auf meiner Vorlage nicht trägt. Dafür würde ich aus dem Rest Satin zwei gleichgroße Teilstücke eines Kreises ausschneiden, diese zu einem Kegel nähen und mit Moosgummi von innen in Form bringen, bevor ich sie wohl mit Klammern an der Perücke befestigt hätte. Falls ich das noch anfertige, füge ich ein paar Bilder ein.

Schuhe wie in der Abbildung besitze ich zwar nicht, allerdings würde ich in Erwägung ziehen, mir für eine kurze Zeit welche von meiner Mutter zu leihen, die ihnen schon ähnlicher kommen. Für wenige Minuten kann ich es auch in etwas zu kleinen Schuhen aushalten.

Da ich noch nie eine Anime Figur gecosplayt habe, bin ich besonders gespannt auf mein erstes Shooting und die Art des Make Ups, die ich verwenden werde. Vermutlich alles etwas Over the top und stilisiert. Und dann war es soweit, Anime Fotoshooting!!

das Shooting

Die Hörner hatte ich bis dahin noch nicht angefertigt, plane es aber weiterhin. Auch an der Perücke hatte ich nichts verändert, auch wenn ich mich im Nachhinein frage, warum ich mir manchmal den Pony so komisch aus dem Gesicht gestrichen habe oder die Welle in Anyas Bob nach außen, statt nach innen ging. Alles in allem hat es sehr viel Spaß gemacht, sie zu cosplayen, vom Nähen bis zum Fotoshooting, allerdings ist ein Cosplay von einem Kind dann doch nicht so ganz mein Genre. Bei jeder Pose musste ich zwei mal drüber nachdenken, ob das so “in Ordnung” war, wo man doch ein Kind darstellte… Trotzdem kamen viele süße Bilder raus, für die wir meine Wohnung nur ein wenig umgestalten mussten. Vielen Dank an Timo fürs Fotografieren! Jetzt muss ich mich nur noch daran setzen, in der Bearbeitung meine Microwelle eher wie einen Fernseher aussehen zu lassen 😀

Killer punch, kapow!!
~Alina

PS: mehr Fotos folgen ^-^

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