Stoffreste, viel Zeit und wenig Schnee

Long time, no see… Irgendwie fehlte mir in den letzten Monaten (*hust*) etwas die Motivation, sowohl für Cosplay, als auch für die Website, Videos etc. Eigentlich schade, denn immer, wenn ich mich daran setze, macht es Spaß. Ein kleiner Kurzurlaub in Richtung Berge hat mir aber doch die nötige Energie gegeben, mal wieder ein Cosplay aus dem Schrank zu ziehen, es fertigzustellen und auch zu shooten. Und das schließlich war Anlass, mich endlich wieder mehr mit dem ganzen Hobby auseinanderzusetzen. Daher präsentiere ich Dir nun: Nidalee. Mein erstes, komplett fertig gestelltes League of Legends Cosplay. Mit dem Skin “Snow Bunny” hatte ich im Winter 2020 dem Wunsch nach einem Weihnachtscosplay nachkommen wollen, in einem Aufwasch mit SlayBelle Katarina, ebenfalls einem weihnachtlichen League of Legends Champion. Nicht, dass ich viel LoL spielen würde, aber damals, vor etlichen Jahren habe ich ein paar Runden gespielt und fand die Champions schon immer super, entsprechend seit Ewigkeiten wollte ich auch mal etwas daraus cosplayen. Was mich damals daran gehindert hat, es zu vollenden? Nun ja, ich schätze viele Cosplayer kennen das Problem mit der schwindenden Motivation, aber besonders bei Winter Cosplays ist bei mir in der Sekunde die Lust verpufft, als der Schnee geschmolzen war. Zu meiner Verteidigung muss ich aber auch sagen, dass es sich dabei nicht gerade um ein Wohlfühl-Cosplay handelt, sondern eher ein mutiger Versuch, mal ein klassisches Bikini-Cosplay zu versuchen. Und mit dem Hintergedanken, dass ich es am Ende womöglich gar nicht mochte, wollte ich nicht so viel Arbeit und erst recht nicht so viel Geld hineinstecken.

Ha. Haha. Was auch immer ich mir dabei dachte, wenig Arbeit war Nidalee nun wirklich nicht. Doch es hat mir auch viel Spaß bereitet und war am Ende sehr zufriedenstellend, als ich es endlich anziehen und fotografieren konnte. Weil ich diese “Anleitung” erst ein Jahr nach dem tatsächlichen Basteln und Nähen schreibe, vergesse ich vielleicht den ein oder anderen Schritt, dafür kann ich schon konstruktive Kritik an mein Vergangenheits-Ich geben, nachdem ich es einmal getragen habe. Es folgt eine kleine Liste mit Material, die ich benötigt habe:

  • Roter Baumwoll-Jersey (Reste von Katarina)
  • Rote Baumwoll-Webware in der gleichen Farbe (Reste von Katarina)
  • weißes Kunstfell (Reste von Poro)
  • anderes weißes Kunstfell
  • alter BH
  • Satinbänder, grob 1cm breit, grün
  • goldener Lackstoff (Reste von Anna)
  • rot-violettes Kunstleder (Reste von einem anderen Nähprojekt)
  • Moosgummi, dünn (Vorrat)
  • Styrodur, dick (Vorrat)
  • EVA-Foam, high Density, 5 oder 10mm (Vorrat)
  • 2 Ohrring-Haken (Vorrat)
  • PVC Rohr
  • sehr viel Holzleim, Flexbond o.ä. und Acrylfarben
  • silbern-weiße Perücke
  • Rest Worbla

Kapitel 1: Nähen – wenigstens das kann ich

Bis auf das weiße Kunstfell, einige Meter Satinband und die Perücke musste ich also nicht viel neu einkaufen. Nur an Zeit hat es mich einiges gekostet. Am schnellsten war der Näh-Teil erledigt, nämlich die Armstulpen für Ober- und Unterarme, das Top, der Rock und die Stiefelüberzieher. Die Stulpen brauchten kein wirkliches Schnittmuster, bloß ein paar Maße zum Umfang und der gewünschten Länge, denn der hier verwendete Jersey hat aufgrund der Dehnbarkeit keine allzu große Genauigkeit gefordert. Verschlüsse brauchte es auch nicht, denn die Teile ließen sich einfach an die gewünschte Stelle ziehen und saßen dort ziemlich sicher. Weil Jersey meiner Meinung nach immer noch eine Qual ist, habe ich so viel wie möglich an der Overlock genäht, das Kunstfell an den oberen Rändern einfach per Hand hinzugefügt (Kunstfell immer besonders vorsichtig schneiden, mit Schere oder Skalpell, ausschließlich den Stoff-Anteil, nicht die einzelnen Haare!) und die goldene Verzierung mit Heißkleber aufgeklebt. Damit diese keine unschönen Knicke und Falten bekommt, habe ich die gewünschte Form aus Moosgummi ausgeschnitten und mit dem Lackstoff und Kleber einfach überzogen. Das hat dem ganzen zwar erheblich die Dehnbarkeit am Handgelenk genommen, doch mit ein paar Sekunden vorsichtigen Schiebens klappt das immer noch – und ist die angenehmere Lösung als ein separater Verschluss!

Das Top besteht hauptsächlich aus meinem alten BH, dessen Träger ich umgeschlagen hatte und den ich mit einem breiten Streifen roten Jerseys verhüllt habe. Wie bei den meisten Teilen des Kostüms sollte er ein wenig zerrissen aussehen, was ich nach Möglichkeit auch versucht habe, doch der Stoff neigt leider sehr dazu, sich aufzurollen… Naja, darum wollte ich mich später kümmern. Auch das Top bekam eine Oberkante aus Kunstfell und war damit genaugenommen fertig. Erst im Nachhinein wünschte ich, vielleicht einen anderen BH als Grundstruktur gewählt zu haben, denn dieser verfügte nicht so wirklich über Tragekomfort und ein Gefühl von Sicherheit. Außerdem hätte ich mir wohl die vorsichtigen Stiche per Hand sparen können, denn die ursprüngliche Idee, den BH danach wiederzuverwenden, habe ich mittlerweile verworfen. Der gehört jetzt einfach zu dem Cosplay dazu!

Als nächstes ging es um den Fetzenrock: um nicht ständig darauf zu achten, dass mein Slip aus dem Cosplay hervorblitzt, habe ich den Rock mit einer integrierten Unterhose aus dem roten Jersey konstruiert. Die war nicht unbedingt schön genäht, erfüllte aber ihren Zweck (und war mit einer Slipeinlage auch hygienisch für die Stunde Shooting, denn in die Waschmaschine kann ich es nicht mehr werfen). Darüber kamen einfach vier möglichst nach Fetzen aussehende Streifen der Webware, wobei ich leider keinen ganz so guten Job gemacht hatte, sie realistisch zerrissen aussehen zu lassen. Die Reste des weißen Kunstfells reichten ziemlich perfekt für die Fellkante, auch wenn sie leider manchmal recht flach aussieht.

Viel mehr Arbeit machte tatsächlich der fellige Schuhüberzieher, denn mir reichte der Kontrast zwischen den zwei unterschiedlichen Fellen nicht aus. Also habe ich mühselig mit verdünnter Acrylfarbe, Pinsel, Bürste und Föhn versucht, das neu gekaufte Fell etwas mehr in Richtung Beige zu bekommen. Am Ende war ich auch wirklich zufrieden damit! Der Überzieher selbst war mal wieder ein simples Rechteck mit einer Oberkante aus dem gleichen weißen Fell wie schon die anderen Kostümteile, jedoch hatte ich mich dieses Mal um einen Verschluss kümmern wollen. Dieser sollte an der hinteren Seite zu finden sein und geplant waren Druckknöpfe, umgesetzt habe ich… Heißkleber und gaaanz vorsichtiges Überziehen. Denn auch wenn ich schon vor über einem Jahr damit begonnen hatte, fertiggestellt wurde das Cosplay mal wieder unter Zeitdruck innerhalb von wenigen Stunden vor dem Urlaub. Hätte ich von Anfang an gewusst, dass ich auch die Second-Hand-Stiefel darunter für nichts anderes als dieses Cosplay nutzen würde, hätte ich es gleich aufkleben können, so allerdings habe ich einen übriggebliebenen Streifen weißen Jerseystoffs an die Oberkante angebracht, den ich dann in die Stiefel hineinstopfen wollte, um den Überzieher an Ort und Stelle zu halten. Dieser Plan ging auch halbwegs auf. Bevor ich mich allerdings um die Verschlüsse kümmern wollte, musste zunächst per Hand und mit klitzekleinen, unsichtbaren Stichen die grünen Satinbänder in den gewünschten Mustern auf dem Kunstfell befestigen. Damit war dann der “schnelle” Part geschafft.

Kapitel 2: eine Millionen Säbelzähne und andere Bastelarbeit

Natürlich nicht wirklich, aber so kam es mir vor, als ich jeden einzelnen davon mit Skalpell und Teppichmesser aus Styrodur ausgeschnitten, mit Schmirgelpapier abgerundet, mit dem Heißluftföhn verziegelt, mit etlichen Schichten Holzleim und Farbe grundiert und schließlich in den passenden Farben angemalt hatte. Dabei hatte ich verschiedene Größen und Formen hergestellt und sie zur besseren Handhabe temporär auf Schaschlikspieße gesteckt. Zwei davon wurden zu Ohrringen, indem sie eine Drahtöse eingesteckt bekamen, die kleineren kamen an die Kette, welche aus einem schlichten Baumwollband besteht, ein paar wenige an den Speer und andere wiederum an die Gürtelkette. Davor musste aber nicht nur die richtige Farbe und Struktur aufgemalt, sondern ein Ring aus Satinband umgeklebt werden. Und selbstverständlich hatte ich zu Beginn zu wenig Band und musste welches nachkaufen. Heißkleber war auch hier mein bester Freund, bloß bei dem Gürtelband aus goldenem Lackstoff war mir das zu unsicher, denn die glatte Oberfläche wollte dem Kleber keinen Halt bieten, und so kam von hinten an jeden Zahn eine kleine Sicherheitslasche aus dünnerem Satinband.

Der Speer selbst besteht nicht nur aus den bereits vorbereiteten Zähnen, sondern vor allem aus der faszinierenden Speerspitze. Da gab es einige Unstimmigkeiten zwischen dem Artwork und dem tatsächlichen Bild des Skins und so wurde meine Version aus EVA Foam etwas breiter und weniger länglich als auf dem Artwork zu sehen. Dafür habe ich aber besonders viel Aufmerksamkeit auf die mit einem Lötkolben eingebrannten Details aufgewendet, die die Seitenflächen verzieren. Zusammengeklebt wurde die Spitze allerdings nicht mit Heißkleber, sondern mit Kontaktzement, was zwar an sich super funktioniert, allerdings ist meine Dose schon ziemlich ausgetrocknet und ich sollte wohl mal versuchen, ihn wieder flüssig zu bekommen. Während der Speerschaft aus PVC Rohr mit Sprühfarbe braun angemalt wurde, bekam die Spitze nicht bloß eine schöne Schicht Flexbond als Primer, sondern auch zunächst eine schwarze, dann eine silberne Lage Airbrush-Farbe. Die vorher eingebrannten Details wurden dann mit dunklerem Grau angepinselt und alle Kanten, die potentiell Licht reflektieren könnten, wurden mit einer feinen, weißen Linie versehen. Auch wenn die Form nicht ganz perfekt ist, bin ich wirklich stolz auf diesen Speer! Der Schaft hingegen wurde etwas weniger detailliert mit einigen Strichen in verschiedenen Brauntönen mehr in Richtung Holzstock als Plastikrohr getrimmt, der Übergang von Spitze zu Schaft mit Kunstleder umwickelt und zwei Blätter aus Moosgummi hinzugefügt. Das Kunstleder findet sich auch in 1cm breiten Streifen am anderen Ende des Schafts wieder. Zähne drankleben und fertig!

Kapitel 3: die Perücke. Oh die elende Perücke…

Wie in einigen Tutorials gesehen, wollte ich aus einer recht kostengünstigen nicht-Lacefront Perücke Nidalees prachtvollen Pferdeschwanz und Pony gestalten. Wozu ich erst einmal etliche Haare abschneiden und so ankleben musste, dass es wie halbwegs realistische Haare wirkte, die man in einen Zopf bindet, und nicht wie eine billige Perücke eben. Furchtbar viel Arbeit, Frustration, verbrannte Finger und rumfliegende Plastik-Haare. Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich mir das so schnell wieder antue… Zusätzlich zu dem neu geklebten “Ansatz” rings herum bekam sie auch aus einem Rest PVC Rohr und Worbla einen stabilen Anker für den geplant großen, fluffigen Pferdeschwanz (den sie leider nie bekam) und einen extra geklebten Scheitel für den Pony. Wenigstens hat sie am Ende auf meinen Kopf gepasst, nachdem ich einen billigen Styroporkopf als Grundlage für die Form verwendet hatte! Mit Styling hatte ich am Ende auch nicht mehr viel an den geklebten Strähnen ändern können (und wollen), so musste das Foto-Editing ran, aber ein paar kanz kurzfristig eingeklebte Perückenkämme haben immerhin dafür gesorgt, dass sie halbwegs gut saß.

Kapitel 4: Feinschliff und Fotoshooting

Bevor es los in den Urlaub ging, wollte ich unbedingt noch alle Kostümteile weathern, was bei manchen besser, bei anderen schlechter funktioniert hat. Durch die zusätzliche Acrylfarbe wurde aber der Jersey etwas stabiler und konnte so mit Bügeln gut entrollt werden, sodass ich nicht noch wie befürchtet Stärkewasser hatte anrühren müssen, um den Stoff zu versteifen. Besonders die Kunstleder-Bänder wurden durch das Weathern mit brauner Acrylfarbe viel realistischer und hübscher, am Fetzenrock allerdings bin ich wohl etwas zu grob vorgegangen. Zuerst hatte ich den Stoff mit Schmirgelpapier bearbeitet, was gut aussah, dann jedoch die Farbe etwas zu wenig mit Wasser verdünnt, sodass der Kontrast für meinen Geschmack zu hoch geraten ist, aber naja, Kleinigkeiten. Glücklicherweise hatte ich im Urlaub meine Heißklebepistole dabei, denn ich konnte den Kristall für ihre Stirn nicht mehr finden, sodass ich ihn erneut aus einem Blobb Heißkleber und dunkelgrünem Nagellack basteln konnte, der mit Wimpernkleber auch gut gehalten hat. Die weißen Streifen, die ich mir hektisch vor Ort mit Clown Make Up aufgemalt habe, sind sicherlich nicht perfekt, gaben mir aber gute Orientierungspunkte, um es schließlich in der Fotobearbeitung noch zu optimieren.

In diesem Cosplay durch den (leider gar nicht mehr so schneebedeckten) Wald zu laufen hat sich wirklich gut angefühlt, stark und sexy und wie eine Jägerin. Die Kälte war wirklich gut auszuhalten und das einzige, das ich immer wieder checken musste, war das Top – denn das tendierte sehr dazu, nach unten zu rutschen. Ein anderer BH oder unsichtbare Träger wären hier sicherlich hilfreich gewesen. Auch wünschte ich, ich hätte die Zähne für die Kette und Ohrringe etwas kleiner gestaltet, denn es wirkte fast wie ein wenig zu viel des Guten. Was die Perücke angeht würde ich behaupten, sie nach meinen Fähigkeiten ziemlich gut hinbekommen zu haben. Vielleicht brauche ich mehr Übung, oder ich lasse es einfach bleiben, aber das nächste Pferdeschwanz-Cosplay darf gerne noch warten! xD Was das Veröffentlichen der fertigen Bilder angeht, versuche ich natürlich nur solche auszuwählen, bei denen ich mich wohlfühle, sie der Öffentlichkeit zu präsentieren, also nicht zu viel Brust und Po und auch keine unvorteilhaften Falten, doch ich bin mit den Bildern sehr zufrieden, was mich glücklicher stimmt als das ein normales Cosplay-Shooting tun würde, denn hier hat es sich gelohnt, mich mal etwas außer meiner Comfort Zone heraus zu wagen. Jetzt darf der Frühling aber gerne kommen, das nächste Winter-Cosplay hat also genug Zeit, fertiggestellt zu werden.

~Alina