Zunächst wollte ich mit dem schwierigsten und langwierigsten Teil des Kostüms anfangen, dem Blazor selbst. In der Annahme, dass die Wahl des Futterstoffes wohl kaum so bedeutend sein würde, habe ich einfach einen sehr günstigen verwendet, den ich sowieso schon vorrätig hatte. Gleich vorweg mal ein Tipp, den ich meinem Vergangenheits-Ich gerne gegeben hätte: lieber ein paar Euro mehr als diesen Stoff. Ungelogen, ich habe noch nie einen so nervigen Stoff verarbeitet wie diesen. Er hat sich derart elektrisch aufgeladen, dass ich ihn nicht einmal glatt auf den Boden legen konnte, ohne dass er gleich daran haften wollte. Die Konsequenz daraus war, dass ich offenbar ein paar der Schnittteile etwas verzogen abgepaust hatte, was sich vor allem im Capelet zeigte. Stünde ich jetzt also noch einmal vor der Wahl, würde ich mir einen Stoff suchen, der vorrangig nicht so stark elektrisiert, und lieber einen neuen kaufen, aber man lernt ja immer was dazu.

Wie dem auch sei, um nicht gleich meinen teuren Stoff zu ruinieren, falls mir das Schnittmuster doch nicht passen würde, habe ich es zunächst auf den Futterstoff übertragen und damit den Blazor genäht. Da der Schnitt symmetrisch ist, musste ich auch nicht auf rechts/links achten, sondern konnte ihn einmal nähen, so wie ich es auch mit dem blauen Stoff geplant hatte. Jetzt konnte ich einmal direkt an meinem Körper sehen, wie gut alles saß und ob noch kleinere Korrekturen an dem Schnitt nötig waren. Das könnte einmal daher rühren, dass mein Körper eben nicht ganz der Schneiderpuppe entspricht, aber auf der anderen Seite konnte mir durchaus auch ein Fehler beim Drapieren (Stoff zu sehr oder zu wenig auf Spannung gehabt, womöglich sogar nicht ganz in Webrichtung gedehnt), Abpausen oder Nähen unterlaufen sein.

Vorne zusammengehalten von Stecknadeln erkennt man die Passform schon ganz passabel.

Als einzige Änderung habe ich mir noch einmal die Stelle angesehen, bei der die geraden Oberkanten von vorne-mitte direkt in das Teil vorne-Seite übergeht, und ein wenig überflüssigen Stoff entfernt. Dann war es auch schon soweit, den Ärmel zu drapieren. Dafür habe ich Maße vom Umfang meines Oberarms und Handgelenkts, sowie die Länge des Ärmels angefangen an der Schulter genommen und mit damit einen Ärmel konstruiert. Ich glaube, der Ärmel an sich war auch gar nicht der Fehler in meiner Schnittmustererstellung, sondern viel mehr die zwei Teile des Blazors, die das Armloch bildeten. Abgesehen davon, dass ich irgendetwas beim Messen falsch gemacht haben musste, denn der Ärmel war mir zu eng. Das ließ sich aber relativ einfach lösen, indem ich einen zusätzlichen Streifen in die Naht eingefügt habe. Ist ja bisher nur das Futter!

Wie unschwer zu erkennen ist, hängt der Ärmel nämlich einige Zentimeter zu tief.

Das ist ein klassischer Fehler bei mir, dass im Rückenbereich zu viel Stoff ist. Nimmt man da etwas Weite weg, sitzt es schon gleich viel besser. Dennoch haben alle meine Versuche, das zu bessern, nicht gereicht, um die Ärmel ideal sitzen zu lassen. Auch bei dem fertigen Modell spürt man beim Tragen noch, dass der Ärmel suboptimal sitzt und die Bewegungsfreiheit enorm einschränkt. Für ein Cosplay ist das total okay, aber es wird leider kein Kleidungsstück, dass ich am liebsten täglich anziehen wollte.

Sitzt doch gleich viel besser! Auch wenn man immer noch Falten durch zu viel Spannung an der Schulter sieht.

Der nächste Schritt war dann, das Schnittmuster auf meine Bügeleinlage zu übertragen und diese wiederum auf dem schönen, blauen Stoff aufzubringen. Der Vorteil hierbei ist, dass ich alle Teile auf dem Stoff so platzieren kann, dass ich möglichst wenig verschwende. Nach dem Aufbügeln konnte ich dann ganz einfach um die Bügeleinlage herum schneiden, ohne noch mit Nahtzugaben überlegen zu müssen. Der Nachteil ist, dass dadurch auch die Nahtzugaben verstärkt sind. Wen das stört, der kann sein Schnittmuster auch generell ohne Nahtzugaben konstruieren, die Bügeleinlagen ausschneiden und so platzieren, dass im Nachhinein noch Platz für etwa einen Zentimeter außenherum ist. Mich persönlich stören die verstärkten Nähte nicht, weshalb ich diese einfachere Methode bevorzuge.

Ja, die Bügeleinlage und ich, wir werden wohl nie so ganz Freunde werden… Wenn ich der Anweisung folge, klappt es nicht und sie klebt am Bügeleisen fest, deshalb probiere ich immer ein bisschen rum mit einem feuchten Geschirrtuch und so, bis es halbwegs funktioniert. Trotzdem gibt es jedes Mal Stellen, an denen sie sich wieder ablöst, und das sieht man leider von außen. Wenn da jemand einen Tipp für mich hat, würde ich mich freuen!

Wie dem auch sei, jetzt konnte ich endlich das Oberteil zusammen nähen, inklusive der Abnäher am Rücken, den Reißverschluss wieder aus dem Futterstoff trennen (um ihn öffnen zu können und keine Nähte nach außen zu haben, habe ich ihn falschrum angenäht) und richtig rum in den Oberstoff nähen und sogar das Futter wenigstens am Reißverschluss anbringen. So weit, so gut!

Leider sind beide Stoffe leicht zu elektrisieren und beide trennen sich an den Schnittkanten gerne auf. Optisch ist der Außenstoff trotzdem toll!

Da das ganze Kleidungsstück gefüttert wird, habe ich die Nähte des Oberstoffes roh belassen, der Futterstoff hat mir dann doch zu sehr gefranst, sodass ich sicherheitshalber mit meiner Overlock alle Nähte, wo es ging, versäubert habe. Die dünnen, roten Zierbänder haben außerdem noch geholfen, die Nähte vor dem Aufrippeln zu bewahren. Für die Ärmel habe ich den Oberstoff einige Zentimeter länger zugeschnitten als den Futterstoff, wobei die gewünschte Länge ungefähr dem Mittel beider Ärmel entsprach. Die Ärmel haben außerdem keine Bügeleinlage bekommen. Da auf dem Referenzbild nicht zu sehen war, ob es dort ebenfalls diese roten Verzierungen geben sollte, habe ich mich dafür entschieden. Zusätzlich dazu gefiel mir die Optik des eingesetzten Streifens im Ärmel derart gut, dass ich mich entschied, mit dem Oberstoff ebenso zu verfahren. Damit würde ich am Ende pro Ärmel zwei Zierstreifen haben. Geplant war, diese so anzubringen, dass sie die Nähte flach halten, wie ich es auch bei den Nähten an der Brust gemacht habe. Das Prinzip wäre dann das gleiche wie beim Understitching gewesen, allerdings ging das nur mit jeweils einer Naht, da für die zweite der Ärmel bereits geschlossen sein müsste. Ich habe mich dafür entschieden, die vordere und folglich sichtbarere Naht mit dieser Methode zu verarbeiten und bei der hinteren das Zierband mit ein wenig Nahtzugabe anzubringen und zu hoffen, dass ich einen halbwegs konstanten Abstand halten könnte.

Hier sieht man die Methode, die eine hübsche, flache Naht zurücklassen wird.

Wenn all die roten Bänder angebracht sind, geht es daran, den Ärmel mit dem Futter zusammenzubringen. Da das Futter kürzer ist, habe ich jeweils die beiden zusammengehörigen Teile rechts auf rechts aufeinander gelegt und am Ärmel mit ganz normaler Nahtzugabe zusammengenäht. Dabei ist wichtig, dass die letzten Zentimeter des Schnittes sich nicht mehr verjüngen, damit beide Kanten gleichlang sind. Wenn man jetzt das Futter in den Ärmel hinein zieht, bis die beiden Armkugelkanten (Armkugel = der gerundete Teil des Ärmels, der mit der Schulter verbunden wird) sich treffen, zieht man automatisch einen Teil des Oberstoffes mit auf die Innenseite und kein Futter ist von außen zu sehen, selbst wenn man ein paar Zentimeter hinein lugt. Die zwei Stoffe werden jetzt entlang der Armkugel mit einem langen Heftstich innerhalb der Nahtzugabe zusammengenäht, damit sie beim weiteren Verarbeiten wie eine Lage behandelt werden können.

Dazu wird der Ärmel rechts auf rechts in das Armloch des Oberstoffs gelegt, sodass die Mitte des eingesetzten Streifens auf die Naht des Oberteils trifft. Von hier aus alles mit Stecknadeln fixieren und eventuelle überflüssige Weite der Armkugel mit etwas Kräuseln auf die richtigen Maße bringen. Alles einmal festnähen. Um das Futter an dieser Stelle habe ich mich dann zum Schluss gekümmert, und zwar auf eine ziemlich unprofessionelle Art und Weise. Also wer etwas besseres beherrscht, als es ganz zum Schluss mit sichtbaren Whip Stitch (ich bin nicht sicher, ob die korrekte Übersetzung wirklich der Überwendlingstich ist) oder einem Matratzenstich zu befestigen, sollte sich hier gerne an eine andere Methode halten.

Als nächstes habe ich die untere Kante fertiggestellt, indem ich das Oberteil wieder rechts auf rechts gedreht, unten mit Sicherheitsnadeln gut fixiert und dann zusammengenäht habe. Das gleiche kann man mit einem Großteil des Kragenausschnittes machen, nur sollte eine Wendeöffnung von mindestens 10cm oder mehr offen bleiben, da das ganze anderenfalls nicht verstürzt werden kann. Diese Öffnung habe ich mittig am Rücken gesetzt, weil die Naht dort einerseits gerade ist, was das Vernähen von Hand erleichtert, und andererseits weil dort sowieso das Capelet alle Unschönheiten verdeckt. Nach dem Verstürzen nach Belieben die Kanten noch einmal absteppen, das ist zwar sichtbar, sorgt aber für einen glatteren Abschluss.

Jetzt fehlen nur noch die Knöpfe, die ich in gleichmäßigem Abstand angebracht habe, sowie die im Bruch und doppelt zugeschnittenen Teile der vorderen Mitte, die nach dem rechts-auf-rechts Zusammennähen mit Wendeöffnung und Absteppen von Außen die passenen Knopflöcher bekommen haben. Eine Seite kann man jetzt permanent an den Blazor knöpfen, die andere muss bei jedem An- und Ausziehen zusätzlich zum Reißverschluss bedient werden. Dieser sollte jetzt nach dem Anbringen des Bauchteils nicht mehr zu sehen sein. Falls etwas mit den Maßen nicht ganz klappt, sollte man den Reißverschluss lieber ein bisschen am Ausschnitt rausspitzen lassen, denn auch hier kaschiert das Capelet die Fehler.

Ich bin auf jeden Fall zufrieden, auch wenn es klar besser hätte sein können. Der Optik sieht man die kleinen Fehler nicht an!

Und damit ist der Blazor auch “schon” fertig! Weiter geht es in Teil 3 mit dem Capelet, sowie einer ganz kurzen Beschreibung, wie ich Hose und Bluse genäht habe.
~Alina

Zurück zu Teil 1

Weiter zu Teil 3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert